Die Sage der Stapelburg

Vor langer Zeit lebte in Stapelburg ein Müller, der eine wunderschöne Tochter hatte. Sie war dem Mühlknappen versprochen, der sie bald als seine Frau heimführen wollte. Nun kam der Burgherr von einer Reise zurück und brachte die Kinder seiner verstorbenen Schwester mit.

Als er des Mädchens ansichtig wurde, befahl er dem Müller, sie als Kindsmagd auf die Burg zu schicken. Dem Vater und dem Knappen war das nicht recht, doch mussten sie dem Herrn gehorchen. Auch dem Mädchen war es nicht recht, da es den Liebsten und den Vater nicht einmal besuchen durfte. Bald aber verfiel sie den gleisnerischen Schmeicheleien des Burgherren, der sie sich durch Eheverspruch zu Willen machte. Sie wurde eitel und hochmütig, von ihrem Knappen wollte sie nichts mehr wissen.

Eines Tages kamen fremde Gäste auf die Burg, unter denen sich eine junge Adlige befand, die mit dem Stapelburger verlobt war. Die Kinder kamen zu anderen Verwandten und die Magd wurde nach Haus geschickt. Da erst merkte die Müllerstochter, dass der Burgherr sein Spiel mit Ihr getrieben hatte. Sie warf sich ihm vor die Füße und beschwor ihn sein Versprechen zu halten. Er wies ihr höhnisch die Tür, es sei ihre Schuld, wenn sie Spaß für Ernst genommen habe! Das Mädchen lief schreiend heim und war wie von Sinnen. Der Vater machte sich anderen Tags auf den Weg zur Burg und stellte den Grafen zur Rede. Der aber lachte ihn aus und höhnte ihn, als Magd wäre seine Tochter ihm gut gewesen, als Herrin sei sie zu gering und zu dumm! Das ließ sich der Müller nicht bieten, in seinem Zorn nannte er den Grafen einen Lumpen und spie vor ihm aus. So gerieten sie hart aneinander.

Als der Müller nicht nach Hause kam, ging ihm der Knappe nach. Er fand ihn mit klaffendem Schädel erschlagen auf dem Burgwall. So bald der Mord ruchbar wurde, zogen die Männer des Dorfes in bewaffneten Haufen vor die Burg, um dem Grafen aufzulauern. Stürmen konnten sie die Burg nicht, da sie stark befestigt war. In der Nacht floh der Graf über die Mauern hinweg und entwischte ihnen. Aus der Hochzeit ist nichts geworden, da er nicht zurückzukehren wagte und in einen fremden Krieg zog, in dem er umgekommen sein soll. Der Müllerbursche verkaufte die Mühle und zog mit dem Mädchen in eine andere Gegend, wo sie keiner kannte. Es hat sie niemand mehr lachen sehen, der Gram über die eigenen Torheit und den Tod des Vaters ließ sie vorzeitig verkümmern. Auf dem dritten Wall aber soll kein Grashalm mehr gewachsen sein.

F. A. Körber

Im Jahr 1979 wurde auf der oberen Ringwallanlage in geringer Tiefe ein menschliches Skelett gefunden. Untersuchungen datierten das Alter auf ca.400 Jahre !